Chemiewaffeneinsatz der Türkei: Die-in bei OSZE in Wien

Mit einem Die-in bei der OSZE in Wien forderten Aktivist:innen der Kampagne Defend Kurdistan eine Stellungnahme und unabhängige Untersuchungen zu dem völkerrechtswidrigen Vorgehen der Türkei im Nordirak und in Nordsyrien.

Anlässlich des heutigen UN-Gedenktags für die Opfer chemischer Kriegsführung suchten rund 30 Aktivist:innen der Kampagne Defend Kurdistan den Sitz der OSZE in Wien mit einem Die-In
auf. Sie forderten von Generalsekretärin Helga Maria Schmid eine Stellungnahme, warum die OSZE angesichts der Vorwürfe gegen ihr Mitgliedsland Türkei nicht tätig wird.

Zum Hintergrund ihrer Aktion teilen die Aktivist:innen mit, dass seit dem Jahr 2021 vermehrt vom Einsatz von Chemiewaffen in der kurdischen Autonomieregion im Nordirak gegen die kurdische Freiheitsbewegung berichtet wird. Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar gab bereits im Februar 2021 offen zu, dass die Türkei in militärischen Operationen Tränengas einsetzt. Ein solcher Einsatz ist seit 1997 durch die Chemiewaffenkonvention verboten. Die renommierte ärztliche Friedensorganisation IPPNW bestätigte in einem Bericht im Oktober 2022 klare Indizien für den Einsatz chemischer – über Tränengas hinausgehender – Waffen und forderte eine unabhängige Untersuchung durch die internationale Staatengemeinschaft, welche bislang trotz vielfacher Aufrufe nicht stattgefunden hat.

Eine solche Untersuchung forderten auch die Aktivist:innen der Kampagne Defend Kurdistan mit ihrer heutigen Aktion und sehen dabei die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Verantwortung: „Die OSZE tritt angeblich für Sicherheit ein. Sicherheit ist dann gegeben, wenn wir ausschließen können, dass chemische Waffen in Kriegshandlungen eingesetzt werden. Genau dazu soll die OSZE Untersuchungen anstoßen und ihr Schweigen brechen“, so Soghomon Tehlirian von der Kampagne Defend Kurdistan.

Mit einem Die-in in weißen Schutzanzügen, Gasmasken und gelbem Rauch verliehen die Aktivist:innen ihrer Forderung heute am frühen Nachmittag im Foyer der OSZE Ausdruck. Eine unabhängige Untersuchung ist dringlicher denn je. „Der türkische Diktator Recep Tayyip Erdoğan kennt in seinem Ziel, die kurdische Bevölkerung zu vernichten, kein Halten mehr. Seit der Nacht des 19. Novembers bricht er erneut das Völkerrecht und lässt Luftangriffe im Nordirak sowie in den kurdischen Gebieten Nord- und Ostsyriens fliegen. Dabei bombardiert der türkische Staat auch gezielt lebensnotwendige Infrastruktur und nimmt – wie sich gezeigt hat – auch auf das Leben von Zivilist:innen keine Rücksicht. Die OSZE muss sich dazu positionieren“, so Liv Kremer, ebenfalls von der Kampagne Defend Kurdistan.

Die Aktivist:innen stellen klar, dass die OSZE auch im eigenen Interesse handeln muss. „Das aktuelle Verhalten der OSZE ist absolut zynisch: Bei Aktionen und Kampagnen rund um den internationalen Tag für die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen schreiben sich die Organisation und ihre Generalsekretärin Frauenrechte auf die Fahnen, protegieren aber gleichzeitig den Diktator Erdoğan, der Frauen- und LGBTIQ+-Rechte mit Füßen tritt und Bomben auf eine feministische Revolution wirft“, sagt Liv Kremer. „Denn es sind die kurdischen Gebiete in Syrien, dem Irak und dem Iran, aus denen der Spruch ‚Jin, Jiyan, Azadî‘ (Frau, Leben, Freiheit) stammt und der auf der ganzen Welt Frauen/FLINTA:-Personen Mut und dem Mittleren Osten eine Perspektive auf Frieden gibt.“

Während der Aktion verteilten die Aktivist:innen Informationsflyer an die Angestellten der OSZE. Ihre Forderungen taten sie mittels Redebeiträgen, Bannern und Sprechchören kund. Zum Abschluss der Aktion forderten die Aktivist:innen von Defend Kurdistan Generalsekretärin Helga Maria Schmid noch einmal auf, Postion zu beziehen: „Wir sind heute hier, weil wir die Kämpfe für ein Leben in Selbstbestimmung und frei von Krieg und Unterdrückung – wie sie gerade in den kurdischen Gebieten Syriens und des Iraks sowie in weiten Teilen des Irans geführt werden – als unsere eigenen erkennen; sie betreffen uns auch hier in Österreich. Und auch potentielle Kriegstreiberinnen sitzen in Österreich bzw. Wien. Die OSZE muss sich entscheiden, ob sie eine davon sein will“, so Soghomon Tehlirian abschließend.