Kurdische Medienschaffende seit neun Monaten ohne Anklage inhaftiert

In Amed haben Journalistenverbände die sofortige Freilassung von 16 Kolleginnen und Kollegen gefordert. Die kurdischen Medienschaffenden sind seit neun Monaten ohne Anklage in Untersuchungshaft.

In der Türkei sind 16 kurdische Medienschaffende seit neun Monaten ohne Anklage in Untersuchungshaft. Darauf machten Kolleg:innen heute vor dem Justizgebäude in Amed (tr. Diyarbakir) aufmerksam. Die Kundgebung wurde von der Journalistinnenplattform Mesopotamien (MKGP) und der Journalistenvereinigung Dicle-Firat (DFG) veranstaltet, an dem Protest nahmen auch Angehörige der Inhaftierten sowie die HDP-Politiker:innen Remziye Tosun, Gülistan Atasoy und Zeyyat Ceylan teil.

Bei den Verhafteten handelt es sich um die Direktorin der Frauennachrichtenagentur JinNews, Safiye Alagaş, den Ko-Vorsitzenden von DFG, Serdar Altan, den Redakteur der Nachrichtenagentur MA, Aziz Oruç, die beiden Redakteure der kurdischsprachigen Zeitung Xwebûn, Mehmet Ali Ertaş und Zeynel Abidin Bulut, den Moderator und ehemaligen MA-Redakteur Ömer Çelik, die Moderatorinnen Neşe Toprak und Elif Üngür, die Kameraleute Mazlum Doğan Güler, Ibrahim Koyuncu, Abdurrahman Öncü, Suat Doğuhan, Ramazan Geciken, Lezgin Akdeniz und Mehmet Şahin sowie um Remziye Temel, Buchhalterin von Piya Production. Sie wurden am 8. Juni 2022 in einer groß angelegten Operation festgenommen. Im Polizeiverhör wurde ihnen Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) unterstellt. Bis heute liegt keine Anklageschrift vor.

Staatsanwalt beruft sich auf Erdbebenschäden

Bei der Kundgebung in Amed wurde auf Kurdisch und Türkisch eine gemeinsame Erklärung von MKGP und DGF vorgetragen, in der gegen die übermäßige Dauer der Untersuchungshaft protestiert wurde. In regierungsnahen Medien sei nach den Festnahmen berichtet worden, dass die Auswertung von Abhörprotokollen im Umfang von achtzig Stunden eine Verbindung zur PKK ergeben habe. „Es ist jedoch offensichtlich, dass der Staatsanwalt daraus keine organisatorische Verbindung herstellen konnte und jetzt nach anderen digitalen Dokumenten sucht“, erklärten die Organisationen.

Mittlerweile berufe sich die Staatsanwaltschaft auf das Erdbeben vor einem Monat, bei dem die Polizeidirektion beschädigt worden sei. „Was haben Sie denn acht Monate lang vor dem Erdbeben gemacht?“, fragten die Sprecher:innen Cuma Daş und Roza Metina und forderten:

„Wenn es angeblich zu viele digitale Dokumente gibt und der Staatsanwalt dieser angeblich so umfangreichen Untersuchung nicht von anderen Fällen freigestellt wird, müssen unsere 16 Kolleginnen und Kollegen unverzüglich aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Die neunmonatige Haftdauer ist zum Strafvollzug ohne Urteil geworden. Wir wissen, dass diese Situation nicht unabhängig von den politischen Machthabern ist, die im Vorfeld der Wahlen über das Volk zusammengebrochen sind. Wir appellieren an die Staatsanwälte und Richter: Befolgen Sie nicht länger die Anweisungen der Regierung, die es heute gibt und die es morgen nicht mehr geben wird, kehren Sie von diesem Fehler zurück und geben Sie diese ungerechte und unrechtmäßige Praxis auf. Stellen Sie keine Journalistinnen und Journalisten vor Gericht, nur weil sie nicht regierungskonform publizieren. Lassen Sie unsere 16 Kolleginnen und Kollegen sofort frei und bereiten Sie die Anklageschrift vor. Die Feder der Wahrheit darf nicht durch Behinderungen, Verhaftungen, Ermittlungen und Gerichtsverfahren verdreht werden. Journalismus kann nicht verurteilt werden!"

Der Protest endete mit dem Slogan „Die freie Presse kann nicht zum Schweigen gebracht werden".