Journalistin zu über sechs Jahren Haft verurteilt

Hatice Şahin ist wegen ihrer journalistischen Arbeit über den Demokratischen Gesellschaftskongress (KCD) zu sechs Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Die türkische Justiz hat ein weiteres Urteil gegen die Pressefreiheit verhängt. Das 9. Schwurgericht von Diyarbakır verurteilte die Journalistin Hatice Şahin wegen ihrer journalistischen Arbeit zum Demokratischen Gesellschaftskongress (KCD), einem Bündnis legaler Basisinitiativen, als angebliches Mitglied einer Terrororganisation – gemeint ist die PKK – zu sechs Jahren und drei Monaten Haft. Das Gericht stützte sich auf die fabrizierten Aussagen von sogenannten „geheimen Zeugen“. Hatice Şahin wurde unter anderem auch vorgeworfen, Mitglied der Frauenorganisation KJA zu sein. Über ihre Anwesenheit auf KCD-Veranstaltungen als Journalistin wurde ihre Mitgliedschaft konstruiert.

KCD ist legal – Mitgliedschaft wird dennoch nach Terrorparagraphen verfolgt

Das Vorgehen der türkischen Regierung gegen den KCD steht symptomatisch für das Klima der Rechtsunsicherheit in der Türkei. Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hat in ihrem Urteil vom 22. Dezember 2020 zu Selahattin Demirtaş nicht nur die Freilassung des früheren HDP-Vorsitzenden angeordnet, sondern auch festgestellt, dass der KCD eine legale Organisation ist und die Betätigung für ihn kein Beweis für die Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation sein könne. Der türkische Staat ignoriert aber EGMR-Urteile systematisch und so werden angebliche und reale Mitglieder des KCD willkürlich kriminalisiert. Ähnlich wie Şahin wurden bereits zahlreiche auf Grundlage von vermeintlichen oder realen Aktivitäten für den Dachverband oder Besuchen von Veranstaltungen, die von den verschiedenen Komitees der Organisation ausgerichtet worden sind, zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Dabei ist der KCD sogar in der Türkei weiterhin legal. Ein Verbotsverfahren wurde nicht eingeleitet, auch liegt kein Präsidialdekret vor.

Nur einen Tag vor dem EGMR-Urteil war Leyla Güven, die ehemalige HDP-Abgeordnete und Ko-Vorsitzende des zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses KCD (Demokratischer Gesellschaftskongress, tr. DTK), zu einer Haftstrafe in Höhe von 22 Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Der Justizskandal hatte nicht nur in Kurdistan und der Türkei hohe Wellen geschlagen.