„Rojava Volunteers“: Netzwerk organisiert Arbeitsbrigaden

In Nordostsyrien werden für kommendes Frühjahr internationale Arbeitsbrigaden geplant. Den „Rojava Volunteers“ soll die Möglichkeit gegeben werden, das Autonomiegebiet und seine Menschen kennenzulernen und sich in die Arbeit einzubringen.

Das Network for international Friendship lädt ab März zu Arbeitsbrigaden in Rojava ein. Das Netzwerk ist eine Dachorganisation verschiedener Organisationen und Institutionen im Autonomiegebiet Nord- und Ostsyriens, die über Projekte Verbindungen zu Menschen und fortschrittlichen Institutionen aus der ganzen Welt herstellt. „Unser Ziel ist es, die Lücke zwischen demokratischen Kämpfen weltweit durch gemeinsame Erfahrungen und praktische Solidarität zu schließen“, heißt es in der Selbstdarstellung des Netzwerks.

Die erste Arbeitsbrigade ist zwischen dem 13. März und dem 6. April 2022 geplant, das Programm ist bereits veröffentlicht. Nach der Ankunft in Südkurdistan und der Weiterfahrt nach Nordostsyrien wird die Ausgangsbasis die Internationalistische Jugendkommune in Dêrik sein. „Schließ dich uns an und werde Freiwilliger! Zusammen werden wir Rojava verteidigen, kollektiv arbeiten und ein kommunales Leben aufbauen!”, so die Einladung des Netzwerks, das aus der Jugendbewegung Tevgera Ciwanên Şoreşger ê Sûriyê, dem Frauenverband Kongreya Star, der Internationalistischen Jugendkommune von Rojava und dem Civil Diplomacy Center besteht.

Alternatives Lebensmodell im Konfliktgebiet

Zum Hintergrund der geplanten Arbeitsbrigaden heißt es in dem Aufruf:

Der Kampf des Volkes von Rojava hat in den letzten zehn Jahren die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich gezogen. Inmitten der Konflikte, Krisen und Kriege des Nahen Ostens wird in Westkurdistan und Nordostsyrien ein beispielhaftes und alternatives Lebensmodell verwirklicht. Die Menschen in der Region haben Widerstand gegen die Unterdrückung geleistet, ihr Land von der Besatzung befreit, es gegen den IS verteidigt und eine Autonomieverwaltung auf Grundlage der Geschwisterlichkeit der Völker geschaffen.

Basisdemokratie, Frauenbefreiung, Ökologie

Seit 2012 arbeiten die Menschen in Rojava daran, sich nach den Grundsätzen des Paradigmas einer demokratischen und ökologischen Gesellschaft und der Befreiung der Frau zu organisieren, um ein freies Leben in Würde zu entwickeln. Mit dem Blut zehntausender Gefallenener und der Anstrengung und des Schweißes der Menschen vor Ort wurden bereits große Errungenschaften erreicht, zum Beispiel: der Befreiungskampf der Frauen, die Schaffung einer regionalen und lokalen, demokratischen Selbstverwaltung des Volkes, die Verwirklichung des Rechts jeder regionalen Nationalität, Kultur, Sprache und Religion auf Koexistenz und Selbstorganisation.

Rojava: Hoffnung in Krisenzeiten

In einer Zeit, in der sich die Krise und das Chaos im Nahen Osten aufgrund von Nationalismus, Rassismus, Sexismus und Fundamentalismus verschärft und die internationalen kapitalistischen Kräfte versuchen, den Menschen ihre neokolonialen Projekte aufzuzwingen, betrat Rojava die Bühne der Geschichte, um der Menschheit Hoffnung und neuen Lebensmut zu geben. Auf der Grundlage und inspiriert von der Idee einer demokratischen Nation, die von Abdullah Öcalan entwickelt wurde, gab die Revolution in Rojava der Möglichkeit auf ein freies, friedliches und würdiges Leben neue Hoffnung.

Konzept der speziellen Kriegsführung und Besatzung

Doch bis heute ist das Überleben dieses wichtigen Projekts nicht gesichert. Seit mehr als neun Jahren steht Rojava unter einem Embargo. Seit mehr als neun Jahren ist Rojava ununterbrochen mit schweren Angriffen von außen konfrontiert und kämpft darum, sich zu verteidigen. Die Regionen Efrîn, Serêkaniyê und Girê Spî wurden vom türkischen Staat überfallen und besetzt und täglich wird mit neuen Angriffen gedroht. In Verbindung damit wird das Wasser aus den Hauptversorgungsleitungen und Flüssen in der Region abgeschnitten und ein Konzept der speziellen Kriegsführung gegen Rojava umgesetzt, um Unruhe, Krisen und Konflikte in den Regionen der Autonomieverwaltung zu verursachen. Trotz alledem hat Rojava bewiesen, dass es selbst unter schwierigsten Bedingungen möglich ist, das Leben mit eigenen Händen aufzubauen.

Von unten nach oben organisiert

In diesem Rahmen und mit einem Verständnis für die Realität der ständigen Kriegssituation gab es nie einen Grund für die Menschen in Rojava, ihre Träume und ihre Vorstellungen von einem demokratischen Leben aufzugeben. Mit unglaublichem Einsatz haben sich die Menschen in ihren Dörfern und Stadtvierteln in Kommunen selbst organisiert und ihre eigene Verwaltung von unten nach oben aufgebaut. Trotz fehlender Ressourcen sind alle bemüht, Energie- und Umweltprojekte zu realisieren. Kooperativen werden als Modell organisiert und entwickelt, um die ungerechte kapitalistische Produktionsweise Schritt für Schritt zu überwinden. Von Null an wird die Wirtschaft Schritt für Schritt organisiert, entwickelt und verbessert, um sicherzustellen, dass Rojava auf eigenen Füßen stehen und sich selbst versorgen kann.

Neues Bildungssystem und gesellschaftliche Fortschritte

Darüber hinaus wurde das Schul- und Bildungssystem komplett umgestellt und erneuert, um jedem Kind die Möglichkeit zu geben, in seiner Muttersprache zu lernen. Auf gesellschaftlicher Ebene wurden und werden immense Anstrengungen unternommen, um die Krankheiten der sexistischen, patriarchalischen, fundamentalistischen und rassistischen Mentalität zu überwinden und eine Lebensweise zu fördern, die auf Gleichheit, Respekt, Gerechtigkeit und Freiheit beruht. Überall haben sich Frauen und Jugendliche autonom organisiert, um für eine willensstarke, unabhängige und dynamische Gesellschaft zu arbeiten und zu kämpfen und um die Freiheit der Frauen überall und für immer zu sichern.

Internationale Solidarität im historischen Kontext

Die Menschen in Rojava leisten weiterhin Widerstand gegen Faschismus und Besatzung. Unter harten und schwierigen Bedingungen führen sie ihren Alltag fort und versuchen, etwas Neues aufzubauen. Gemeinsam haben wir, als verschiedene Organisationen aus Rojava, das Network for International Friendship gegründet. In der Geschichte des Kampfes der unterdrückten Völker waren Solidarität und internationale Unterstützung immer eine unserer stärksten Waffen, und Solidarität ist für uns zuallererst kein Sache von Worten und der Theorie, sondern ein Sache von Arbeit und der Praxis: Sie wurde in Spanien 1936 praktiziert, sie wurde in Angola 1975 praktiziert, sie wurde für Vietnam 1968 praktiziert, sie wurde an so vielen anderen Orten in der Geschichte praktiziert.

Rojava Volunteers“: In der Tradition ziviler Arbeitsbrigaden

Lebendige Beispiele praktischer Solidarität mit dem Konzept der zivilen Arbeitsbrigaden gibt es heute zum Beispiel in Kuba und Palästina. Internationale Brigaden wurden zur Unterstützung der Freiheitskämpfe des Volkes überall auf der Welt in verschiedenen Phasen der Geschichte organisiert. Heute wollen wir diese Tradition in Rojava unter dem Namen „Rojava Volunteers – Working Brigades” fortsetzen. Wir wollen euch die Möglichkeit geben, unsere Heimat kennenzulernen, die Realität unseres Kampfes zu erfahren, euer Wissen und eure Arbeit mit uns zu teilen und mit uns zu „schwitzen”, damit wir gemeinsam den internationalistischen Kampf für ein freies und gemeinschaftliches Leben stärken.