IHD registriert 23.468 Menschenrechtsverletzung in Ägäis-Region

Der Menschenrechtsverein IHD hat eine Bilanz über Menschenrechtsverletzungen in der Ägäis-Region im Jahr 2021 vorgestellt. Dabei wurden 23.468 Rechtsverletzungen registriert. Die reale Zahl dürfte weit höher liegen.

Das Büro des Menschenrechtsvereins IHD in Izmir hat auf einer Pressekonferenz einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen in der Ägäis-Region im Jahr 2021 vorgestellt. Der Bericht fußt auf Presseanalysen sowie Anzeigen und Anträgen von Betroffenen in den Provinzen Izmir, Aydın, Denizli, Manisa, Uşak, Afyon, Kütahya, Antalya, Burdur, Muğla, Balıkesir und Isparta. Bei vielen der Antragssteller:innen handelt es sich um Gefangene oder ihre Angehörigen.

Situation in den Gefängnissen verschlechtert sich

Ali Aydın aus dem Vorstand des IHD-Büros von Izmir wies insbesondere auf die zunehmenden Menschenrechtsverletzungen in den Gefängnissen hin: „Die brutalen Misshandlungen durch Schläge, die aus verschiedenen Vorwänden bei der Verlegung in ein Gefängnis und danach stattfinden, die Betrachtung der wegen politischen Vorwürfen Inhaftierten als ‚Terroristen‘ und die daraus resultierenden Gewalthandlungen an diesen Gefangenen, die Willkürbehandlung und der willkürlich verhängten Disziplinarstrafen, die Praxis der Bunkerhaft und die Zwangsverlegung von Gefangenen in weit entfernte Haftanstalten haben ein historisch nie dagewesenes Niveau erreicht. Die Einschränkung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung, die Einschränkung des Rechts, die Krankenstation des Gefängnisses zu besuchen, Misshandlungen einschließlich des Anlegens von Handschellen während des Transports zum Institut für Rechtsmedizin, zum Gerichtsgebäude oder zum Krankenhaus, und die Weigerung, gesundheitliche Probleme von Gefangenen rechtzeitig und effektiv zu lösen, sind weitere Schwierigkeiten, die seit langem bestehen.“

Aydın erinnerte auch an die Ermordung der HDP-Mitarbeiterin Deniz Poyraz bei dem bewaffneten Angriff auf durch den vom türkischen Staat ausgebildeten Faschisten Onur Gencer am 17. Juni 2021 und ordnete den Mord als Verletzung des Rechts auf Lebens ein.

Lösung der kurdischen Frage ist Voraussetzung für Demokratisierung“

Aydın betonte, dass das Fehlen einer Lösung der kurdischen Frage das größte Hindernis für die Demokratisierung des Landes darstelle, und fuhr fort: „Das Klima des bewaffneten Konflikts, das unmittelbar nach den Parlamentswahlen vom 7. Juni 2015 begann, dauert immer noch an und führt zu schweren und ernsten Menschenrechtsverletzungen, insbesondere des Rechts auf Leben. Diese Verstöße zeigen auch, dass die Regierung ihre Politik der Gewalt in der kurdische Frage gleichzeitig nutzt, um ihre eigene Macht zu erhalten. Daher ist die Lösung dieses Problems für die Entwicklung der türkischen Demokratie eine zwingende Voraussetzung.“

Festnahmen, Inhaftierungen, Folter, Vergewaltigung und Mord

Aydın stellte eine Bilanz der registrierten Menschenrechtsverletzungen für die Ägäis-Region vor. Dabei ist zu betonen, dass es sich nur um die Zahl der vom IHD registrierten Fälle handelt, die in keiner Weise repräsentativ für die absolute Summe stehen kann und allenfalls auf Tendenzen hindeutet:

„Im Jahr 2021 wurden in der Ägäis-Region 598 Menschen in Gewahrsam genommen, 17 Personen verhaftet, 179 Menschen während der Haft geschlagen und gefoltert, 172 Personen wurden während der Haft die Hände auf den Rücken gefesselt, 68 Mal wurde die freie Meinungsäußerung verhindert.

Im Jahr 2021 wurden insgesamt 1447 Rechtsverletzungen im Rahmen von Festnahmen, Inhaftierungen und Angriffen auf die Meinungsfreiheit registriert.

Nach den Informationen aus unseren Aufzeichnungen wurden 258 Verstöße gegen Kinder und Jugendliche festgestellt. Das waren 32 Fälle von Gewalt gegen Kinder, 110 Vergiftungen in der Schule und 37 Fälle von sexualisierter Gewalt und Belästigung von Kindern und Jugendlichen, diese machen den größten Anteil der Angriffe aus.

645 Rechtsverletzungen gegenüber Frauen wurden gemeldet. Davon 76 Fälle von Schlägen, 24 Vergewaltigungen und Übergriffe, 64 Femizide, 49 Fälle von rechtswidrigen Strafreduzierungen und Straflosigkeit bei Femiziden, 106 Fälle von Zwangsprostitution, 44 Fälle von Festnahmen und Repression gegen Frauenaktivistinnen, 37 Übergriffe im Gewahrsam.

Die Zahl der Flüchtenden, die versuchten, ins Ausland zu gelangen, wurde mit 16.512 angegeben. Drei tödliche Arbeitsunfälle von migrantischen Arbeiter:innen wurden registriert. Nach unseren Unterlagen wurden 107 migrantische Arbeiter:innen festgenommen. 105 Schutzsuchende konnten sich von sinkenden Booten retten, 167 Abschiebungen wurden von uns registriert. 2021 wurden von uns 17.083 Rechtsverletzungen gegen Migrant:innen festgestellt.

Es gab 2.164 Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsleben. Im Jahr 2021 wurden 291 Arbeitnehmer:innen bei ihrer Arbeit verletzt, 80 Arbeiter:innen starben bei Arbeitsunfällen, 200 Menschen wurden entlassen, 760 Menschen wurde in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt. 27.507 Lehrer:innen, die sich im Präsenzunterricht mit Covid-19 angesteckt hatten, wurden schikanösen Maßnahmen unterzogen.

Nach den Daten, die wir aus Anfragen an uns erhalten haben, konnten 43 Arten von Rechtsverletzungen an Gefangenen festgestellt werden. Es gab zwei verdächtige Todesfälle, acht Fälle von schwer erkrankten Gefangenen, 15 Fälle von Behinderung des Zugangs zu Medikamenten und Gesundheitsversorgung, 38 Fälle von Verweigerung der Entlassung auf Bewährung, 13 Zwangsverlegung, zehn Fälle der Verweigerung von Sport und anderen Gemeinschaftsaktivitäten.

Im Jahr 2021 wurden 196 Verletzungen des Umweltschutzes registriert. 24 Waldbrände, 49 Verletzungen in Folge der Brände, die Einrichtung von 54 Geothermalanlagen, 15 Fälle der Zerstörung von Umweltarealen.

Darüber hinaus kam es zu 648 Verletzungen des Rechts auf Leben, 384 Fälle von Schlägen, Misshandlungen und Verletzungen, 119 Klassen wurden in Quarantäne genommen, 119 Klassen wurden in Quarantäne gesteckt, von 235 Corona-positiven Schüler:innen haben elf Suizid begangen oder versucht.

Nach den bei unserem Verein eingereichten Anträgen und den Daten, die wir aus den von uns durchgeführten Quellenstudien erhalten haben, gab es im Jahr 2021 insgesamt 23.468 Rechtsverletzungen.“