Lorenzo Orsetti: Buchvorstellung „Orso” in Berlin

Lorenzo Orsetti war Freiwilliger bei den QSD, als er 2019 beim finalen Sturm auf die letzte IS-Bastion in Ostsyrien starb. Die Schriften und Briefe aus seiner Zeit in Rojava sind nun als Buch erschienen und werden von seiner Familie in Berlin vorgestellt.

„Ich weiß, dass dies schwierige Zeiten sind, aber resigniert nicht, gebt die Hoffnung nicht auf, niemals! Nicht einmal für einen Augenblick. Auch wenn es so aussieht, als ob alles verloren sei, wenn Schlechtes den Menschen Schmerzen bereitet und die Welt unerträglich wird, findet trotzdem weiter Kraft und gebt sie an eure Weggefährten weiter. In dunklen Momenten wird dieses Licht weiterhelfen. Und denkt immer daran, dass große Stürme mit einem kleinen Tropfen beginnen. Versucht, dieser Tropfen zu sein.“

Diese Worte stammen von Lorenzo Orsetti, von seinen Freundinnen und Freunden liebevoll „Orso“ (dt. Bär) genannt, den die Völker Nord- und Ostsyriens unter seinem kurdischen Namen Têkoşer Piling kennenlernten. Der Florentiner war 33 Jahre alt, als er als Freiwilliger am 18. März 2019 beim finalen Sturm der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) auf die letzte IS-Bastion al-Baghouz im ostsyrischen Deir ez-Zor ums Leben kam. Unter dem Titel „Orso – Texte aus Nordostsyrien” hat der Verlag Red Star Press nach dem italienischsprachigen Original nun auch die englische Übersetzung sämtlicher Schriften, Briefen, Fotos und Interviews von Lorenzo Orsetti als Gesamtausgabe herausgegeben. Vieles in dem Werk dreht sich um die Gedanken des Anarchisten, Antifaschisten und Partisanen rund um die Revolution von Rojava, den kurdischen Befreiungskampf und das Paradigma des demokratischen Konföderalismus von Abdullah Öcalan als gelebtem Versuch in Rojava zur Überwindung von Macht, sowie seinen praktischen Erfahrungen dort. Das Buch wurde mit Crowdfunding finanziert, der Erlös kommt der italienischen Sektion der kurdischen Rothalbmondbewegung Heyva Sor a Kurdistanê zugute.

Kommenden Samstag, am 16. Oktober, stellt die Familie von Lorenzo Orsetti das Buch in Berlin vor, in den Räumlichkeiten des Collettivo O45 auf der Oranienstraße. Ein Mitglied des „Nationalen Verbands der italienischen Partisanen“ (ANPI) wird ebenfalls vor Ort sein und über die Wichtigkeit internationalistischer Kämpfe reden. Auf dem Programm steht zudem der Beitrag eines kurdischen Aktivisten über die Entstehung der kurdischen Befreiungsbewegung und zum Internationalismus in der Organisation. Die Veranstaltung wird hauptsächlich auf englisch gehalten, italienischsprachige Beiträge werden simultan ins Englische übersetzt. Die Teilnahme ist nur mit einem Nachweis über eine vollständig Corona-Impfung oder Genesung mit entsprechendem Testnachweis möglich. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr.

Lorenzo Orsetti in Rojava

Lorenzo, Orso, Hevalê Têkoşer

Lorenzo Orsetti hatte sich im Spätsommer 2017 dem Widerstand von Rojava angeschlossen. Dort war er in den internationalistischen Einheiten innerhalb der Strukturen der YPG sowie der TKP/ML-TIKKO organisiert. Er wurde angetrieben vom Wind der Freiheit, der Gleichheit und des Respekts für die Erde, sagen Menschen, die ihm begegneten.

2018 kämpfte Orsetti bei der Verteidigung Efrîns an vorderster Front gegen den Nato-Partner Türkei und dessen dschihadistische Verbündete. Als der Kanton am 18. März 2018, genau ein Jahr vor seinem Tod besetzt wurde, ging Orso nach Ostsyrien. In der Grenzregion zum Irak beteiligte er sich an zahlreichen Operationen gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS). Zuletzt mit einer arabischen Einheit des Kampfverbands Têkoşîna Anarşîst (kurz TA, dt. Anarchistischer Kampf). Am Tag seines Todes, es war ein Montag, geriet die Gruppe in einen Hinterhalt des IS: alle ihre Mitglieder kamen ums Leben. Nur drei Tage danach verkündeten die QSD den militärischen Sieg über die Dschihadistenmiliz.

Cover der italienischen Ausgabe von Orso