KCDK-E ruft zu aktiver Solidarität mit Mexmûr auf

Der kurdische Europaverband KCDK-E ruft zu Solidaritätsaktionen für das von der irakischen Armee belagerte Flüchtlingslager Mexmûr auf. Dem unter offiziellem UN-Schutz stehenden Camp droht die vollständige Isolierung von der Außenwelt.

Der kurdische Europaverband KCDK-E ruft zu Aktionen für das von der irakischen Armee belagerte Flüchtlingslager Mexmûr in Südkurdistan auf. „Die Bevölkerung von Mexmûr stellt sich unter Einsatz ihres Lebens dem Angriff entgegen und leistet seit elf Tagen ununterbrochen Widerstand. Kinder, Frauen, Junge, Alte, alle Menschen sind in Mexmûr auf den Beinen. Sie schütten die vom Militär des reaktionären irakischen Regimes errichteten Gräben wieder zu und bilden mit ihren bloßen Körpern Barrikaden, um die Einkreisung des Lagers zu verhindern“, teilt der KCDK-E zur aktuellen Situation mit.

Widerstand in Mexmûr: Die Bevölkerung hält Wache (RojNews)

Die irakische Armee ist am 20. Mai in Begleitung von Regierungsvertretern mit Panzerwagen und Baugeräten vor dem selbstverwalteten Camp aufgefahren, der Bevölkerung wurde mitgeteilt, dass sie zum eigenen Schutz eingezäunt und künftig vom Militär überwacht werde. In dem unter dem offiziellen Schutz des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) stehenden Lager leben etwa 12.000 Menschen, die vor dreißig Jahren aufgrund des türkischen Staatsterrors aus ihren Dörfern in Nordkurdistan vertrieben wurden oder bereits in Mexmûr geboren sind.

Die UN müssen die Sicherheit von Camp Mexmûr gewährleisten“

„Die in Camp Mexmûr lebende Bevölkerung musste ihre Heimat aufgrund der grausamen Unterdrückung des türkischen Staates verlassen und wird angesichts der Angriffe allein gelassen, obwohl sie sich unter UN-Schutz befindet. Die Menschen sind in großer Gefahr und das bis heute andauernde Schweigen der UN zu den Angriffen auf Camp Mexmûr sind nicht hinnehmbar. Es handelt sich um ein ziviles Lager unter Aufsicht der UN, deshalb müssen die Vereinten Nationen sofort intervenieren. Als KCDK-E fordern wir die UN zum Handeln auf, um die Angriffe und die Isolierung des Lagers zu stoppen und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Das unter UN-Schutz stehende Flüchtlingslager wird von der mit dem türkischen Staat kollaborierenden PDK und der irakischen Regierung belagert“, erklärt der kurdische Dachverband.

Mexmûr soll isoliert und in ein Gefangenenlager verwandelt werden

Hinter dem Vorhaben, das Camp mit Stacheldraht einzuzäunen und vollständig von der Außenwelt zu isolieren, stehe der türkische Staat, auch der Barzanî-Clan sei in den Plan involviert, so der KCDK-E: „Mit den Angriffen des türkischen Staates und der gemeinsamen Belagerung durch die Familie Barzanî und die irakische Armee soll Mexmûr vollständig isoliert und in ein offenes Gefängnis verwandelt werden. Die Menschen in Mexmûr haben sich immer gegen die auf einen Völkermord abzielenden Angriffe gewehrt und stellen sich den Angreifern auch heute mit ihren bloßen Körpern entgegen. Kinder, Frauen, Jugendliche und Alte leisten unter der Führung des Volksrats von Mexmûr Widerstand.“

Aufruf zu Solidaritätsaktionen

Der KCDK-E begrüßt „den würdevollen Widerstand der Menschen in Mexmûr gegen den Völkermord“ und ruft alle im Ausland lebenden Kurdinnen und Kurden zu Solidaritätsaktionen auf: „Wir rufen dazu auf, überall demokratischen Protest zu zeigen und den türkischen Staat, seine Kollaborateure von der PDK und das reaktionäre irakische Regime anzuprangern.“

Blockade an der Einfahrt ins Camp

Hintergrund: Größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit

In Mexmûr, das sich südwestlich von Hewlêr (Erbil) in einem zwischen der südkurdischen Regionalregierung und der irakischen Führung in Bagdad umstrittenen Gebiet befindet, leben etwa zwölftausend Menschen. Ein Großteil der Bevölkerung wurde in den 1990er Jahren im Zuge der antikurdischen „Aufstandsbekämpfung“ und der sogenannten Politik der verbrannten Erde – unter dem Vorwand, die PKK zu bekämpfen, wurden damals etwa 3.000 Dörfer entvölkert oder niedergebrannt – vom türkischen Staat vertrieben. Nach einer mehrjährigen Odyssee und Aufenthalten in verschiedenen Camps haben die Menschen 1998 am Rand der Wüste das Lager Mexmûr gegründet. Die Campbevölkerung bildet damit die größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit, ist jedoch bis heute mit Schwierigkeiten konfrontiert.

Offiziell unter UN-Schutz

Offiziell steht Mexmûr unter dem Schutz und der Kontrolle des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR), praktisch ist die Organisation allerdings nur noch nominell präsent. Sie verließ das Lager bei den Angriffen der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) im Jahr 2014 und kehrte danach nicht mehr zurück. Seit 2019 ist das Lager einem Embargo der von der Barzanî-Partei PDK dominierten Regionalregierung ausgesetzt, zusätzlich zu existenzbedrohenden Angriffen der Türkei und des IS. Ankara kriminalisiert das Lager als „Brutstätte“ der kurdischen Arbeiterpartei PKK und droht immer wieder damit, es zu „säubern“. In der Vergangenheit kam es wiederholt zu türkischen Luftangriffen auf Mexmûr, zuletzt im vergangenen August. Dabei wurde ein sechsfacher Familienvater von einer Drohne getötet. In den vergangenen Tagen wurden wiederholt Drohnen im Luftraum über Mexmûr beobachtet.

Widerstand der Bevölkerung von Mexmûr, 28. Mai 2023