Hozat: Südkurdistan soll in eine türkische Provinz umgewandelt werden

„Die PDK unterstützt den Plan der Türkei, die Nationalpakt-Grenzen durchzusetzen. Sie hat sich offensichtlich mit Ankara darauf geeinigt, als Teil dieses Plans Südkurdistan in eine türkische Provinz umzuwandeln“, erklärt die KCK-Vorsitzende Besê Hozat.

Die Ko-Vorsitzende des Exekutivrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), Besê Hozat, hat sich in einem Interview mit der Tageszeitung „Yeni Özgür Politika“ zu den Hintergründen der Invasion der Türkei in Südkurdistan und der Unterstützung für die türkische Besatzung durch den Barzanî-Clan und die Demokratische Partei Kurdistans (PDK) geäußert. Nachfolgend veröffentlichen wir Teil eins des Gesprächs.

Die Demokratische Partei Kurdistans und die Familie Barzanî geben vor, im Namen der Regierung Südkurdistans zu handeln, intensiveren aber zugleich ihre Beziehungen zu Ankara. In den Medien wurde jüngst detailliert über bestehenden Gas- und Ölabkommen und die Handelsbeziehungen der PDK berichtet. Was für Deals werden dort im Hintergrund vereinbart?

Bevor ich auf ihre Frage antworte, würde ich gerne allen bedeutenden revolutionären Mai-Gefallenen gedenken. Mehmet Karasungur und Ibrahim Bilgin fielen am 2. Mai, Deniz Gezmiş, Yusuf Aslan und Hüseyin Inan am 6. Mai und Haki Karer, „Die Vier“ und Ibrahim Kaypakkaya fielen am 18. Mai. Sie alle waren sehr bedeutende Führungspersönlichkeiten der revolutionären Bewegung in Kurdistan und der Türkei. Ich möchte ihnen gedenken und damit zugleich voller Respekt, Liebe und Dank an all die Gefallenen der Revolution und des Freiheitskampfes erinnern. Sie leben heute in Form unseres andauernden Kampfes weiter.

Der 6. Mai ist auch der Tag, an dem im Jahr 1996 ein Anschlag auf Rêber Apo [Abdullah Öcalan] verübt wurde. Dieses Komplott dauert bis heute in Form der Isolation [auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali] und der genozidalen Angriffe an. Ich verurteile daher an dieser Stelle all die Kräfte hinter diesem Komplott aufs Schärfste.

Zugleich jährte sich am 4. Mai zum 85. Mal der Dersim-Genozid von 1938. Ich gedenke an dieser Stelle Seyit Rıza und Besê, Alişêr und Zarife und Nuri Dersimi voller Respekt und Dankbarkeit und möchte damit an all die Menschen erinnern, die damals würdevoll gegen den Dersim-Genozid Widerstand leisteten und dabei ihr Leben verloren. Der völkermörderische und kolonialistische türkische Staat wird früher oder später für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden. Denn diese Völkermordpolitik dauert noch immer an. Auch heute wird weiter versucht, den Genozid zu Ende zu bringen. Der völkermörderische Kolonialismus versucht aktuell, den seit einhundert Jahren andauernden Genozid im Zuge der jüngst begonnenen Besatzungsangriffe auf [die südkurdische Region] Zap abzuschließen. Doch der Widerstand der Guerilla und des Volkes werden dies verhindern und eine Phase einleiten, in der der türkische Staat sich für seine hundertjährige Völkermordpolitik verantworten muss.

Um auf Ihre eigentliche Frage zurückzukommen: Es ist heute ein offenes Geheimnis, dass die PDK sehr umfassende Abkommen mit der Türkei abgeschlossen hat. Es lässt sich klar erkennen, dass diese beiden Kräfte gemeinsam vorhaben, südkurdisches Öl und Gas über die Türkei nach Europa zu transferieren und dies von den USA und Europa direkt unterstützt wird. Im Zuge des Krieges zwischen Russland und der Ukraine kommt es derzeit zu einer Gaskrise. Die Pläne der PDK und der Türkei als Teil dieser Entwicklungen und als Versuch zu bewerten, die aktuelle Gaskrise zu mildern, lässt die ganze Tragweite dieses Themas nicht in vollem Umfang deutlich werden. Denn die PDK verkauft das Öl und Gas Südkurdistans seit Jahren an die Türkei. Die PDK hat selbst erklärt, dass sie diesbezüglich ein für 50 Jahre gültiges Abkommen mit der Türkei abgeschlossen hat. Dieser Vertrag stellt auch einen wichtigen Grund für die Probleme der PDK mit dem Irak und der Patriotischen Union Kurdistans [YNK] dar.

Mithilfe dieses Abkommens versucht die Türkei ihre politische und militärische Kontrolle in der Region bis nach Mossul und Kerkûk auszuweiten und dadurch ihren einhundert Jahre alten Traum zu verwirklichen, die Grenzen des Misak-ı Milli [dt. Nationalpakt; ein Anfang der 1920er Jahre im osmanischen Parlament entworfener Plan, der ein türkisches Staatsgebiet inklusive Thrakien, Rojava (Nordsyrien) und Südkurdistan (Nordirak) vorsieht.] durchzusetzen. Durch die Besatzung Südkurdistans und Rojavas möchte der türkische Staat letztendlich diese Gebiete vollständig annektieren, sobald die politische Konjunktur dies zulässt. Das ist definitiv das strategische Ziel, das die Türkei durch ihre Besatzungsangriffe erreichen möchte. Sie möchte also die im Misak-ı Milli festgelegten Grenzen durchsetzen. Weil er die PKK als großes Hindernis für die Umsetzung dieses Zieles wahrnimmt, betrachtet der türkische Staat ihre Zerschlagung als eine Frage des Seins oder Nichtseins. Denn die PKK steht wie eine unüberwindbare Mauer im Weg der Politik des Völkermords, der Besatzung und Annexion dieses genozidalen und kolonialistischen Staates.

Die PDK unterstützt den Plan der Türkei, die Nationalpakt-Grenzen durchzusetzen. Sie hat sich offensichtlich mit dem türkischen Staat darauf geeinigt, als Teil dieses Plans Südkurdistan in eine Provinz der Türkei umzuwandeln. Mit diesem geheimen Abkommen lässt sich auch erklären, warum die PDK die türkische Besatzung Südkurdistans und Rojavas aktiv unterstützt und sich konsequent darum bemüht, ihr Legitimität zu verleihen. Die türkische Führung beabsichtigt, Südkurdistan zu besetzen, später vollständig zu annektieren und somit in eine der Türkei unterstellte Provinz zu verwandeln. Zu diesem Plan gehört auch, einen Vertreter der Barzanî-Familie dann zum Provinzgouverneur zu ernennen. Es erscheint ganz so, als hätten sich die PDK und der türkische Staat auf diesen gemeinsamen Plan geeinigt.

Mithilfe der PDK hat die Türkei bereits einen bedeutenden Teil Südkurdistans besetzt. Sie hat die Zahl ihrer Militärstützpunkte in den letzten Jahren verdreifacht. Von diesen Militärstützpunkten aus führt die türkische Armee regelmäßig Operationen in Südkurdistan durch. Die PDK bietet dem türkischen Staat die Möglichkeit, von südkurdischem Boden aus Angriffe durchzuführen. Von Şîladizê aus rückt die Besatzerarmee gegen das Gebiet Kuro Jahro vor, während türkische Militärhubschrauber von türkischen Stützpunkten in Südkurdistan zu ihren Einsätzen aufbrechen. Die PDK stellt der Besatzerarmee umfassende geheimdienstliche und logistische Unterstützung zur Verfügung, während sie zugleich deren Sicherheit garantiert, die Unterbringung türkischer Soldaten gewährleistet und Versorgungswege zur Verfügung stellt. Auf diese Weise beteiligt sich die PDK direkt an diesem Krieg. Es wurde jüngst auch berichtet, dass an einigen kritischen Orten türkische Soldaten ihre Operationen in Peschmerga-Uniformen durchgeführt haben. Es ist also eindeutig erkennbar, dass die PDK aktiv an dem Plan beteiligt ist, die PKK zu zerschlagen.

Der südkurdische Ministerpräsident Mesrûr Barzanî besuchte kürzlich England, um Gespräche zu führen. Dort sprach er von der Möglichkeit, den Irak in eine Konföderation zu verwandeln, und unternahm eine entsprechende Initiative. Der Barzanî-Familie wird immer wieder vorgeworfen, die Freiheitsbewegung Kurdistans vernichten und die Unabhängigkeit Südkurdistans aufgeben zu wollen. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund diese jüngste Initiative?

Es ist bemerkenswert, dass Mesrûr Barzanî unmittelbar nach seinem Treffen mit Erdoğan zu Gesprächen nach England weiterreiste. Das zeigt deutlich, dass er gewisse Abkommen mit Erdoğan abgeschlossen hat und dafür nun die Unterstützung Englands und Europas gewinnen möchte. Zugleich wird dadurch auch die Rolle Englands in diesem Krieg deutlich. Die Erklärung von Mesrûr, der Irak könne als Konföderation gestaltet werden, müssen wir als den Versuch bewerten, die schmutzigen Deals der PDK mit dem türkischen Staat und die direkte Beteiligung an den Völkermordangriffen der Türkei zu verschleiern.

Die PDK beteiligt sich aktiv an den Besatzungsangriffen des türkischen Staates. Mesrûr Barzanî führte jüngst Gespräche mit Erdoğan, um diese Angriffe gemeinsam zu planen. Das ist eine Tatsache. Zugleich versucht er, diese Wahrheit zu verdecken und einen anderen Eindruck zu erwecken, indem er davon spricht, der Irak könne in verschiedene Staaten geteilt und als Föderation organisiert werden. Er verfolgt damit das Ziel, die schmutzigen Deals der PDK mit dem türkischen Staat zu verschweigen und die Kurdinnen und Kurden zu täuschen. Seine jüngsten Aussagen müssen wir auch als den Versuch verstehen, Südkurdistan vollständig vom Irak abzuspalten und offiziell zu einer Provinz der Türkei zu machen.

Die PDK arbeitet also gemeinsam mit dem türkischen Staat daran, Südkurdistan in eine türkische Provinz zu verwandeln. Wenn Mesrûr Barzanî von einer Konföderation spricht, meint er damit, dass der Irak in Kleinstaaten aufgeteilt wird, diese in Gestalt einer Konföderation eine neue politische Form annehmen und der südkurdische Kleinstaat an die Türkei angeschlossen wird. Barzanî denkt dabei nicht daran, dass Südkurdistan ein Teil des Iraks bleibt. Er bringt damit vielmehr seine Vorstellung von einem Südkurdistan zum Ausdruck, das vollständig vom Irak abgespalten und zu einem Teil der Türkei gemacht wird. Die aktuellen Entwicklungen zielen genau darauf ab. Bereits in seinem aktuellen Zustand gleicht Südkurdistan einer Provinz der Türkei. Die Türkei verfügt heute in politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und militärischen Fragen über eine sehr umfassende Kontrolle in Südkurdistan.

Die PDK verfolgt keine Ziele im Sinne des kurdischen Volkes. Ihr einziges Bestreben besteht darin, alle Ressourcen Kurdistans an den völkermörderischen und kolonialistischen türkischen Staat zu verkaufen und damit ihren bereits bestehenden Reichtum noch weiter zu vergrößern. Das hat mittlerweile solch ein Ausmaß erreicht, dass sich die Barzanî-Familie aufgrund all ihrer Besitztümer in den USA, Europa, der Türkei und den Golfstaaten mit den Reichsten dieser Welt messen lassen kann.

Es wurde zuletzt immer wieder darüber berichtet, dass die PDK an vielen Orten in den Medya-Verteidigungsgebieten mal kleinere, mal größere Kontingente eigener Truppen stationiert hat. Die PDK-Kräfte sollen auch mehrmals versucht haben, in die Gebiete Kuro Jahro und Metîna vorzudringen. Als KCK haben Sie immer wieder dazu aufgerufen, von derartigen Unternehmungen abzusehen. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund diese Versuche der PDK?

Überall dort, wo es dem türkischen Staat selbst nicht gelingt, vorzurücken, stationiert die PDK ihre eigenen Spezialkräfte, also die Zêrevanî-Einheiten, die Leşkerî Gûlan und die Contra-Miliz „Roj-Peschmerga“. Sie umstellt die Guerillagebiete, versperrt der Guerilla den Weg und stellt dem türkischen Staat Geheimdienstinformationen zu Verfügung, mit deren Hilfe er Guerillaeinheiten angreift. Die Berggipfel werden von der Besatzerarmee gehalten, während die PDK versucht, die Hänge, Täler und Straßen zu kontrollieren und sich dort festzusetzen. Durch ihre gemeinsamen Angriffe mit der türkischen Armee auf die Guerilla macht sich die PDK zur tragenden Säule der Besatzung Südkurdistans. Da die PDK direkt an diesem Krieg beteiligt ist, ist es nur natürlich, dass sie auf unsere zahlreichen Aufrufe nicht positiv reagiert. Sie ist heute ein Teil des Plans zur Zerschlagung der PKK. Es ist also eine Tatsache, dass die PDK bei den Besatzungsangriffen auf Kurdistan eine aktive Rolle spielt.

Der ausschlaggebende Grund für die Besatzung ist die Völkermordpolitik, die von den Kollaborateuren und Verrätern unterstützt wird. Die Kollaboration und der Verrat der PDK in Südkurdistan behindern und gefährden die nationale Einheit. Die PDK versucht ununterbrochen, die Demokratisierung Südkurdistans zu verhindern und vereitelt alle diesbezüglichen Anstrengungen. Sie imitiert die herrschende Klasse der Türkei, verbreitet die türkische Kultur – ein unverzichtbarer Teil ihrer unterdrückerischen und tyrannischen Herrschaft – im Süden und verwandelt Kurdistan damit in ein Gebiet, in dem die türkische Nation sich ausbreiten kann. Diese antidemokratische Haltung verhindert, dass die YNK, die Gorran-Bewegung und die anderen südkurdischen Parteien Schritte in Richtung einer Demokratisierung Südkurdistans unternehmen. Die PDK zwingt all diese Parteien dazu, ihrer antidemokratischen Politik zu folgen. Es stellt eine der größten Schwächen dieser Parteien dar, dass sie nicht dazu in der Lage sind, die Werte der Demokratie gegen den Druck der PDK zu verteidigen und der demokratischen Politik zum Durchbruch zu verhelfen. Würden die YNK und alle Oppositionsparteien einen entschlossenen Kampf für Demokratie führen, hätte die kollaborierende Politik der PDK keinerlei Einfluss. Dann würde weder Südkurdistan vom türkischen Staat besetzt werden, noch müsste die südkurdische Gesellschaft unter dem Mangel an Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit und unter Armut leiden.

Während der türkische Staat und die PDK bezüglich der Besatzung Südkurdistans gemeinsame Sache machen, haben die YNK und andere politische Kräfte Erklärungen gegen die Besatzung abgegeben. Wie betrachtet die KCK die bisherigen Erklärungen der südkurdischen Akteure bezüglich des Kampfes gegen die Besatzung?

Die Bevölkerung Südkurdistans ist wütend über die Besatzungsangriffe des türkischen Staates, die unter aktiver Beteiligung der PDK stattfinden. Die Wut der Bevölkerung ist enorm. Das gilt auch für die Wut der Menschen auf die PDK, die durch ihre Kollaboration und ihren Verrat eine aktive Rolle in diesem Völkermordskrieg spielt. Neben der Bevölkerung Südkurdistans, haben auch zahlreiche Parteien, Politiker:innen, Künstler:innen, Intellektuelle und zivilgesellschaftliche Institutionen gegen die Besatzung protestiert. Unter Leitung einer linken Koalition kam es auch in Hewlêr [Erbil] zu einer Protestaktion. Die Bevölkerung in Silêmanî, Raperîn, Çemçemal und Xaneqîn hat ihre Wut auf die Besatzung und die Kollaboration deutlich auf der Straße zum Ausdruck gebracht. Neben der YNK, Gorran und der Bewegung Tevgera Azadî haben zahlreiche südkurdische Parteien die Besatzung und Kollaboration öffentlich verurteilt. All das ist sehr bedeutend.

Zweifelsfrei wird sich die Besatzung nicht durch Protestaktionen und Erklärungen verhindern lassen. Unser Volk, das von einer großen Wut über die Besatzung und die Kollaboration erfüllt ist, muss überall gegen die Besatzung aufstehen. Die politischen Parteien, Institutionen und Initiativen müssen dabei eine Führungsrolle übernehmen. Wenn jede Partei, die gegen die Besatzung und Kollaboration ist, die von ihr angesprochenen gesellschaftlichen Kreise in Bewegung versetzt und dazu bringt aufzustehen, wird unser gesamtes südkurdisches Volk – egal ob jung oder alt – aktiv werden. Dann werden sich auch all diejenigen dem Widerstand anschließen, die bisher noch nicht ihren Protest gegen die Tyrannei und Unterdrückung der PDK zum Ausdruck bringen konnten. YNK, Gorran, die kommunistische Partei, die Union der Werktätigen Kurdistans [Zahmetkeşan] und die islamischen Parteien müssen dieser historischen Verantwortung gerecht werden. Jede Partei hat Einfluss auf einen wichtigen Teil des Volkes. Sie müssen deshalb für die Freiheit des kurdischen Volkes klar Haltung gegen den genozidalen und kolonialistischen türkischen Staat und die kollaborierende PDK beziehen und dadurch den Widerstand des Volkes anführen. Alle sehen sich heute mit dieser historischen Verantwortung konfrontiert.

Die PDK hat in Südkurdistan ein diktatorisches Regime aufgebaut. Noch immer befinden sich zahlreiche Journalisten aus der Behdînan-Region im Gefängnis. Viele von ihnen sind zudem im Hungerstreik. Die Bevölkerung Südkurdistans leidet unter Armut und Korruption. Aufgrund des Krieges, der aus der Unterdrückung und Kollaboration der PDK mit der Türkei resultiert, können viele Menschen nun auch nicht mehr in ihre Dörfer gehen. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage Südkurdistans?

Ohne die Kollaboration und den Verrat der PDK könnte der völkermörderische und kolonialistische türkische Staat keine Besatzungsangriffe gegen Südkurdistan durchführen. Die aktuellen Angriffe finden also auf Forderung und unter der Beteiligung der PDK statt. Die PDK nimmt aus eigenem Willen an diesen genozidalen Besatzungsangriffen teil. Aufgrund dieser Angriffe wurden bereits hunderte Dörfer entvölkert. Die Menschen lebten dort in geradezu paradiesischen Verhältnissen. Nun müssen sie ihre Dörfer den Besatzern überlassen und werden zu einem miserablen Leben gezwungen. Die PDK hat alle ländlichen Gebiete Kurdistans dem faschistischen türkischen Staat überlassen. Sie hat die ländlichen Regionen zerstört, die Ausplünderung der Natur ermöglicht, , Rodungen zugelassen und alle dortigen Lebewesen durch den Einsatz chemischer Waffen vergiften lassen. Mit der Zustimmung der PDK und auf Grundlage der von ihr zur Verfügung gestellten Geheimdienstinformationen werden jeden Tag dutzende Luftangriffe durchgeführt. Durch diese Angriffe werden die Berge, Steine, Bäume, Ebenen und Gewässer unseres paradiesischen Landes Kurdistan in eine Wüste verwandelt. Für diese Zerstörung Kurdistans ist die PDK verantwortlich. Durch ihre Kollaboration und ihren Verrat lässt sie den völkermörderisch-faschistischen türkischen Staat – den Feind der Kurd:innen – das kurdische Volk und seine Natur angreifen. Für ihr eigenes Familienreich zerstört die PDK die freie Zukunft unserer Gesellschaft.

Die PDK hat ein für 50 Jahre gültiges Öl- und Gasabkommen mit dem türkischen Staat abgeschlossen. Sie verkauft das Gas und Öl Südkurdistans an Ankara, um sich mit dem Geld in der Türkei, den USA und vielen weiteren Ländern für Milliarden von Dollar Besitztümer zu kaufen. Die PDK hat enorme Reichtümer bei den größten Banken der Welt angelegt. Zur gleichen Zeit befindet sich die Bevölkerung in großer Not. Die Landwirtschaft ist zusammengebrochen und die Produktion wurde zerstört. Seit Jahren wird der Beamtenschaft kein Lohn ausgezahlt. Auch die Studierenden leben in Armut. Arbeitslosigkeit, Armut und Hunger haben enorme Ausmaße erreicht, das Ausmaß der Gewalt gegen Frauen ist erschreckend. Die Bevölkerung Südkurdistans wurde in die miserable Lage gebracht, von den Abfallprodukten der Türkei leben zu müssen. Südkurdistan wurde in einen Markt für billige türkische Produkte, also in die Müllhalde der Türkei verwandelt. Während die Menschen kein Essen nach Hause bringen können, Bildungskräfte seit Jahren nicht bezahlt werden und die Jugend aufgrund ihrer Hoffnungslosigkeit Südkurdistan den Rücken zukehrt, ist die PDK-Elite damit beschäftigt, weiter in die eigene Tasche zu wirtschaften und sich pompöse Paläste zu kaufen.

Viele Intellektuelle, Politiker:innen und Medienschaffende, die die Gesellschaft über diese Tatsachen informiert haben, sitzen heute im Gefängnis. Um die schmutzige Wahrheit vor dem Volk zu verstecken, bringt die PDK alle oppositionellen Stimmen zum Schweigen. So wie auch der AKP/MHP- Faschismus in der Türkei alle Kritiker:innen ins Gefängnis wirft. Und all diejenigen, die die PDK als ernstzunehmende Gefahr betrachten, werden schlichtweg aus dem Weg geräumt.

Eine andere bemerkenswerte Entwicklung sind die iranischen Raketenangriffe auf Hewlêr [Erbil]. Warum greift der Iran die Stadt an? Im März wurden von Tabriz aus Raketen auf Hewlêr abgefeuert. Kurz darauf wurde dieser Angriff in der iranischen Presse auch als Nachricht an die Türkei bezeichnet. Wie bewerten Sie das?

Die Türkei verfolgt im Nahen Osten eine neoosmanische Politik und versucht in dem historischen Einflussgebiet des Osmanischen Reiches ihr Gewicht zu vergrößern. In diesem Zusammenhang hat sie es sich zu einer grundlegenden Strategie gemacht, die Grenzen des Misak-ı Milli durchzusetzen und somit Mossul und Kerkûk unter ihre Kontrolle zu bringen. Mithilfe der Unterstützung und Kollaboration der PDK will die Türkei diese Ziele erreichen. Natürlich lösen diese Strategie und Politik auf Seiten des Iran Unwohlsein aus, da das dortige Regime selbst am Kampf um die Hegemonie über Nahost beteiligt ist. Denn historisch betrachtet befinden sich der Iran und die Türkei seit Langem in einem Kampf um die regionale Vorherrschaft. Das NATO-Mitglied Türkei versucht sich mithilfe der kollaborierenden PDK in der Region auszubreiten. Vor dem Hintergrund seiner eigenen Interessen kann der Iran das natürlich nicht als akzeptabel betrachten. 

Es erscheint so, als sei der Iran auch mit der Politik der PDK gegenüber Bagdad unzufrieden und betrachtet diese als schädlich für eigene Interessen. Seit Jahren verfolgt die PDK mithilfe der USA und der Türkei eine Politik, mit der die Schiiten im Irak gespalten werden. Damit beabsichtigt die PDK, sie gegen den Iran in Position zu bringen. Parallel dazu ebnet die PDK den Vereinigten Staaten von Amerika und der Türkei den Weg, die Kräfte in Südkurdistan zu dominieren. Es ist allseits bekannt, dass die USA auf Drängen der PDK ihre aus dem Irak abgezogenen Truppen nun in Südkurdistan stationieren. Die USA haben ihre militärische Präsenz in Südkurdistan enorm verstärkt. Auf dieselbe Art und Weise hat die PDK den faschistischen türkischen Staat – ein NATO-Mitglied – zu einer einflussreichen Kraft in Südkurdistan gemacht. Aktuell verfügt die Türkei in Südkurdistan über fast 50 Militärstützpunkte. Bei ihnen handelt es sich zugleich um NATO-Basen. Überall sind der MIT [türkischer Geheimdienst], die CIA und der MOSSAD aktiv und arbeiten mit dem Parastin [PDK-Geheimdienst] zusammen. Es kann durchaus sein, dass der Iran all diese Entwicklungen für sich als nachteilig betrachtet. Man kann daher davon ausgehen, dass die Raketenangriffe auf Hewlêr direkt mit diesen Entwicklungen im Zusammenhang stehen.

Es ist offensichtlich, dass der Iran es als Gefahr für seine Interessen betrachtet, dass die USA, die Türkei und Israel mithilfe der PDK im Irak immer weiter an Einfluss gewinnen. Es ist eine Tatsache, dass die USA es aufgrund ihrer eigenen Interessen und für die Sicherheit Israels stark bevorzugen, wenn der Iran geschwächt, das islamische Regime ausgetauscht und das Land in das System des internationalen Kapitals integriert wird. Wir alle wissen, dass die USA seit Jahren ein politisches und ökonomisches Embargo gegen den Iran verfolgen, um die zuvor erwähnten Ziele zu erreichen. Die Ermordung des iranischen Generals Ghassem Soleimani in Bagdad war eine klare Botschaft, um das Ausmaß des Schadens zu demonstrieren, den die USA und Israel dem Iran beibringen können. Die Raketenangriffe auf Hewlêr können in diesem Zusammenhang als Antwort des Iran an die USA, Israel, die Türkei und die PDK verstanden werden.


Teil 2: „Die türkische Regierung verfolgt einen umfassenden Plan“