Girê Sor: Ein Tempel des Widerstands

Der Bau der dreistöckigen Tunnelanlage am Girê Sor hat Jahre gedauert. Hunderte Guerillakämpfer:innen haben hier gelacht, geweint, geschrien und getanzt. Der Girê Sor war nicht nur eine Stellung, sondern auch wie ein Tempel mit ideeller Bedeutung.

Mit dem am 23. April 2021 begonnenen Krieg in Avaşîn hat sich die blutige Geschichte des Kolonialismus wiederholt. Dem gegenüber stand der unbeugsame Mut der Guerilla. Der Widerstand in den Gebieten Mamreşo, Mervanos, Aris Faris, Werxelê und Basya zeugt von einer längst akzeptierten Wahrheit: Kapitulation führt zum Verrat, Widerstand zum Sieg.

Mizgîn Dalaho, Armanc Simko und Têkoşîn Devrim haben mit sieben weiteren Guerillakämpfer:innen an dem achtzig Tage andauernden Widerstand am Girê Sor teilgenommen. Aus ihren Schilderungen haben wir die Geschehnisse an dem Berggipfel im vergangenen Jahr zusammengefasst. Es folgt der erste Teil:

Girê Sor: Berggipfel an der türkischen Staatsgrenze

Weil der Girê Sor im Gebiet Basya an der Grenze nach Avaşîn liegt, ist er sowohl für den Feind als auch für uns von strategischer Bedeutung. In seiner Umgebung befinden sich mit Tepê Xwedê, Govendê, Şehîd Serhat, Xapûşkê, Helikopter, Leylek, Sivri und Çarçela diverse Gipfel, die bereits früher besetzt worden sind. Zwischen diesen Gebieten und dem Girê Sor liegt nur noch das Basya-Wasser. Bereits vor Beginn des Besatzungsangriffes wurde der Girê Sor von fast allen Seiten belagert. Darüber hinaus begannen die Angriffe auf diesen Gipfel nicht erst mit der Invasion. Auch vorher haben massive Bombardierungen aus der Luft und ständiger Artilleriebeschuss von den türkischen Grenzposten aus stattgefunden. Bei der geringsten Bewegung setzte die türkische Armee schweres Geschütz ein, das Gebiet wurde dauernd bombardiert. Dass der Girê Sor immer noch von der Guerilla gehalten wurde, war ein harter Brocken für die Armee.

Dreistöckige Tunnelanlagen

Vom Girê Sor aus sieht man auf der einen Seite Govendê und auf der anderen Seite Çarçela. In Richtung Govendê ist das Terrain wie eine natürliche Festung, hochgelegen und mit unüberwindbaren Abgründen. Auf der Seite nach Çarçela ist das Gelände zugänglicher. Der Girê Sor hat vier Gipfelpunkte (ku. Gupik). Die Guerilla war an dem ersten Gipfel stationiert, dort befinden sich die Kriegstunnel. Der Tunnelbau hat hier 2014 begonnen, nach der ersten Etage ging es weiter bis ganz nach oben. Insgesamt gab es drei Etagen mit sehr langen Tunneln. Weil die Tunnel so lang sind, waren die Etagen unabhängig voneinander. Der Abstand war derartig groß, dass man sich in jeder Etage wie in einem eigenen Camp gefühlt hat. Die meisten Zugänge befanden sich am Abgrund und wurde als Stellungen benutzt. Durch die vielen Zugänge gab es ein natürliches Belüftungssystem. Der Bau der Tunnelanlagen hat sieben Jahre gedauert und wurde mit dem vergossenen Schweiß und Blut von Hunderten Guerillakämpfer:innen bewerkstelligt. Die Kämpferinnen und Kämpfer, die zu Beginn der Invasion dort waren, befanden sich seit einem Jahr in dieser Stellung. Hunderte haben vor ihnen in diesen Tunneln gelacht, geweint, sich geärgert, geschrien, getanzt, wurden verletzt oder sind gefallen. Daher war der Girê Sor nicht nur eine Kampfstellung, sondern gleichzeitig wie ein Tempel mit ideeller Bedeutung.

Nicht nur eine Verteidigungsstellung

Am Girê Sor gab es viele Ausgänge und Stellungen, in denen man die eigene Position schützen und gleichzeitig den Feind treffen konnte. Auch vor dem letzten Besatzungsangriff wurde dem Feind keine Ruhe gelassen. Die Guerilla befand sich nicht nur in Verteidigungsposition, der Gipfel war gleichzeitig eine Angriffsbasis, von der aus dem Feind ein Schlag nach dem anderen versetzt wurde. Er war eine erhabene Festung, die von technisch gut ausgerüsteten Militärbasen eingekreist war und trotzdem standhielt. Der Leylek und die anderen besetzten Gipfel wurden häufig mit schweren Waffen angegriffen. Der Feind führte nach jeder Aktion Luftangriffe durch, kam damit jedoch nicht weiter. Jede Mörsergranate der Guerilla wurde vom Feind mit Dutzenden Kesselbomben beantwortet. Manchmal wurde mit Haubitzen geschossen, wenn nur der Müll nach draußen geworfen wurde. Selbst der Müll der Guerilla war zu viel für die paranoide Armee. Die Luftangriffe haben die Tunnel nicht sonderlich beeinträchtigt. Im Tunnel konnte man nicht nachvollziehen, ob es eine Kesselbombe oder eine Artilleriegranate war. Es machte nichts aus.

Verteidigung nur von einem Gipfel aus möglich

Der belagerte Girê Sor konnte von der Guerilla nur von einem einzigen anderen Gipfel aus verteidigt werden, dem Süleyman-Gipfel. Der Girê Sor war die vorderste Front in Avaşîn, daher gab es keine anderen Berggipfel, von denen aus er von hinten hätte verteidigt werden können. Der Mamreşo war zu weit weg. Insofern war der Girê Sor halb losgelöst von der Region. Fast jede Bewegung war von den umliegenden besetzten Gipfeln aus sichtbar. Der Girê Sor wurde 24 Stunden am Tag beobachtet und täglich bombardiert, auch wenn es keine Bewegungen gab. Seine Lage und die Guerillaaktionen waren ein großes Hindernis für die Beweglichkeit des Feindes. Wenn er zum Beispiel an den Hängen von Çarçela Straßen bauen wollte, wurde er mit schweren Waffen angegriffen. Die Guerilla ließ ihm keine Ruhe und stoppte den Straßenbau.

Mangelnde Infrastruktur

Aufgrund seiner exponierten Lage in der Region waren die Infrastruktur und die Versorgung des Gipfels problematisch. Für die Versorgung mussten viele Gefahren in Kauf genommen werden. Die umliegenden Militärposten waren wie hungrige Wölfe auf der Jagd. Bei jeder beobachteten Bewegung griffen sie an wie die Barbaren. Daher musste entweder ein Risiko eingegangen werden oder es musste sich der Jahreszeit entsprechend bewegt werden.

2021 gab es für die Guerilla nicht die Möglichkeit, den Bedarf jahreszeitlich zu decken. In den Wintermonaten waren Nahrungsmittel, Munition und ähnliches teilweise beschafft worden, aber es bestand allgemein weiterer Bedarf. Seit Jahren war bekannt, dass am Girê Sor eine Operation stattfinden wird, daher waren bestimmte Maßnahmen getroffen worden. Die Tunnel waren ohnehin wie eine Festung, sie waren lang und stabil. Nach dem Angriff auf Gare im Februar wurden mit den zur Verfügung stehenden Mitteln neue Maßnahmen getroffen, aber als am 23. April die Invasion in Avaşîn begann, waren die Vorbereitungen hinsichtlich des materiellen Unterbaus noch nicht vollständig. Vollständig vorhanden waren nur Moral, Anspruch und Entschlossenheit. Alle waren dazu bereit, unter diesen Umständen bis zum Ende Widerstand gegen den Feind zu leisten.

Herz und Kopf zusammenhalten

Der Lärm der Hubschrauber, die am 23. April Richtung Mamreşo flogen, zeigte den Beginn einer komplett neuen Phase an. Als der erste Angriff begann, bereiteten alle sich vor, als ob sie sehen könnten, was Monate später passieren würde. Sie bereiteten ihre Waffen, ihre Stellungen und vor allem ihre Herzen darauf vor.

Dieser Krieg erforderte Herz und Mut. Wie sonst hätte inmitten derartigen Schmerzes noch gekämpft werden können? Die Guerilla hatte noch die vor Jahren ausgesprochene Aufforderung von Abdullah Öcalan im Gedächtnis: „Haltet euer Herz und euren Kopf gesund.“

Als der Besatzungsangriff auf Mamreşo und Mervanos begann, setzten sich alle Guerillakämpfer:innen in Bewegung. Da es wenig Sprengstoff gab, entwickelte die Sabotage-Gruppe neue Ideen. Die Sniper bereiteten ihre Waffen vor. Alle Waffen wurden in den Stellungen untergebracht. Alle machten mobil, um dem Angriff kraftvoll zu begegnen. Bei den schnellen Vorbereitungen entstand in den Tunneln eine aufregende Atmosphäre. Es wurde darüber diskutiert, wie der Feind empfangen und getroffen werden soll.

Dem Feind keine Ruhe lassen

Gleichzeitig wurde darüber nachgedacht, was für Mamreşo getan werden kann. „Lasst uns hinausgehen und eine Aktion in Sivri machen oder lasst uns die Straße unterhalb von Çarçela beschießen, wir dürfen dem Feind keine Ruhe lassen“, hieß es. Die gesamte Guerilla wollte unbedingt etwas zur Unterstützung von Mamreşo unternehmen. In allen Etagen wurden eigene Wachen aufgestellt, die feindlichen Bewegungen wurden ständig verfolgt. Gab es Hubschrauberbewegungen, wurden sie mit 12,5-DschK unter Beschuss gesetzt, um der Guerilla in Mamreşo und Mervanos zu helfen. Es wurde versucht, die Aufmerksamkeit des Feindes von den anderen abzulenken und ihre Last zu erleichtern. Diese beharrlichen Versuche am Girê Sor waren konkreter Ausdruck der genossenschaftlichen Gefühle, die sich jahrelang in den Köpfen und Herzen angesammelt hatten. Der Feind bombardierte Mamreşo und setzte Truppen ab, aber alle umliegenden Gipfel versuchten, die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu ziehen.

Gesammelte Erfahrungen

Die Festung Girê Sor hatte viele Ausgänge, du konntest den Feind auch treffen oder schwere Waffen benutzen, ohne hinauszugehen. Dass mitten in der Operation innerhalb dieser Festung ein DschK eingesetzt wurde, hatte auch eine psychologische Wirkung auf den Feind. Vom Çarçela-Ausgang wurde mit einem 14,5-DschK auf den Stützpunkt Sivri geschossen. Manchmal wurden auch die Stellen beschossen, an denen der Feind Wege für militärische Zwecke errichtete. Auf diese Weise wurde versucht, die anderen zu unterstützen. Gleichzeitig wurden weitere Vorbereitungen getroffen. Das Geschehen am Mamreşo war eine Erfahrung. Es war ein neuer Krieg und der Feind probierte neue Taktiken aus. Daher wurde ständig verfolgt, was in Mamreşo, Zendûra und Şehîd Serdar passiert, um für den Kampf im eigenen Gebiet gewappnet zu sein.

Ein wegweisendes Erbe

Am Mamreşo hat vom 23. April bis zum 3. Mai ein legendärer Widerstand unter der Führung von Serhat, Rûken, Canfeda, Kamuran, Zafer, Xebat und Sarya stattgefunden. Dieser Widerstand war unser Erbe und hat uns den Weg gezeigt. Sie haben unerbittlich gekämpft, um ein Licht für den nach ihnen folgenden Widerstand zu sein. Mamreşo war die erste Kugel im Krieg in Avaşîn, sie haben das Ziel exakt getroffen. Was auch geschehen sollte, der Sieg war ihrer. Als die Guerillakämpfer:innen nach zehntägigem Widerstand durch die vom Feind eingesetzten Chemiewaffen gefallen sind, herrschte ein unbeschreiblicher Schmerz am Girê Sor. Es war jedoch erst der Anfang des Krieges und es galt gegenüber diesem niederträchtigen Feind die moralische Überlegenheit zu bewahren. Nach Mamreşo hieß es: „Wir werden eine Antwort auf diesen Widerstand geben, nicht mit Worten, sondern mit Aktionen.“ Dieser Anspruch kam in allen Unterhaltungen und Diskussionen vor.

Serhildan war Einheitskommandant. In den Korridoren sang er ständig lautstark das Lied „Berxwedana Serdemê’’, das er in „Berxwedana Girê Sor’’ umdichtete. Damit gab er allen Moral. Es hatten wirklich alle einen hohen Anspruch, bei allen Tätigkeiten und in allen Unterhaltungen hieß es: „Dieser Gipfel wird für den Feind zum Grab werden.“

Vor dem Angriff auf den Süleyman-Gipfel

Für den Winter hatte die Guerilla den Süleyman-Gipfel verlassen. Da er im Frühling wieder übernommen werden sollte, wussten viele bei der Guerilla nichts davon. Armanc und Baz sollten im Frühling dorthin gehen, aber genau an dem Tag, als es losgehen sollte, fing der Besatzungsangriff an. Am nächsten Tag gingen sie trotzdem. Es wurden dort Vorbereitungen einschließlich der Verlegung von Minen getroffen. Da es am Girê Sor kein Sabotagematerial gab, wurde Sprengstoff aus Stûnê gebracht. Der Süleyman-Gipfel hatte Vorrang, weil er eine wichtige Stellung war und nur wenige Kämpfer:innen dort waren. Es war der höchste Gipfel in der Region und er beherrschte vor allem die Gebiete Basya und Stûnê. Bei einem möglichen Angriff auf Basya würde der Feind ihn direkt einnehmen, das stand fest.

Die Tunnel am Süleyman-Gipfel waren nicht besonders stabil und es gab nur drei Eingänge. Die Tunnel befanden sich direkt auf der Bergspitze und die Felsen brachen von selbst zusammen. Es war ein strategischer Gipfel, trotzdem war es aufgrund des Zustands der Tunnel taktisch geschickter, ihn zu verlassen. Es gab dort genug Nahrungsmittel für eine Einheit bis zum Herbst. Da am Girê Sor Mangel herrschte, wurde entschieden, die Lebensmittel, technischen Geräte und das Waffenarsenal vom Süleyman-Gipfel zu holen. Es gingen einzelne Gruppen los und brachten das Material von dort her. In dieser Zeit gab es ein ernstes Problem mit Batterien. Die Tunnel am Girê Spî waren sehr lang. Es gab keine Taschenlampen und man stieß in der Dunkelheit ständig gegen die Wände. Alle hatten Schwierigkeiten in den dunklen Tunneln und bewegten sich mit Feuerzeugen vorwärts. Daher kam man in den Tunneln nicht schnell voran. Es gab den Plan, vom Süleyman-Gipfel Nahrung und Batterien zu holen. Als der Angriff auf Mamreşo losging, war ja auch das Şehîd-Şoreş-Camp unter feindliche Kontrolle geraten. Von dort konnte man nichts mehr holen, deshalb schleppten jeden Abend Zweiergruppen die Materialien auf dem Rücken von Süleyman nach Girê Sor. Ein oder zwei Tage vor Beginn des Angriffs sollten Botan, Özgür und Baz zum Süleyman-Gipfel gehen und Batterien und die anderen Sachen holen.

Angriff auf den Süleyman-Gipfel

Es war der 14. Juni. Sie hatten ihre Last vorbereitet und wollten gerade losgehen, als ungefähr um 20 Uhr der Angriff losging. Der Feind beschoss Girê Sor und Süleyman zunächst mit Haubitzen und Panzern. Danach wurde Süleyman drei Mal und Girê Sor ein Mal von Kampfflugzeugen bombardiert. Im Anschluss setzte eine Hubschrauberbewegung ein und neben und auf dem Süleyman wurden entlang der ausgedehnten Bergkette ungefähr zwanzig Mal Soldaten abgesetzt. Die Hubschrauber griffen kaum an, aber es fand eine intensive Bewegung statt. Die Guerilla verfolgte das Geschehen mit der Kamera. Der Feind muss davon ausgegangen sein, dass auf dem Süleyman-Gipfel niemand ist, er bewegte sich sofort auf den Tunneleingang zu, verlegte Kabel und wollte Sprengstoff platzieren. In dem Moment ließ die Guerilla die zuvor gelegten Sprengsätze detonieren. Es war ungefähr fünf Uhr morgens. Drei Soldaten kamen ums Leben und fielen in den Abgrund. Mit der Kamera auf dem Girê Sor wurden die Stürze in den Abgrund einzeln beobachtet.

Zu dritt gegen Hunderte Besatzer

Die Guerillakämpfer:innen blieben zwei Tage dort. Die Stellung war ohnehin klein und für einen langen Krieg nicht geeignet. Es gab einen Ausgang, den der Feind noch nicht entdeckt hatte. Die Guerilla warf Handgranaten und kämpfte eine Zeitlang. Sie wurden vom Girê Sor aus koordiniert, die feindlichen Bewegungen wurden direkt an sie weitergegeben und sie griffen den Feind an. Letztendlich war es die richtige Entscheidung, diese Stellung aufzugeben. Deshalb wurden die Guerillakämpfer:innen ständig aufgefordert, den Ort zu verlassen. Um die Aufmerksamkeit des Feindes von ihnen abzulenken und ihnen den Rückzug zu ermöglichen, wurde dauernd das DschK eingesetzt. Botan war niemals hilflos und ließ auch die Freund:innen an seiner Seite nicht ohne Lösung zurück. Er war wirklich sehr kreativ. Sie sagten nicht, dass sie nur zu dritt sind und nichts ausrichten können. Sie verteidigten zu dritt eine Stellung gegen Hunderte Besatzer und fügten ihnen Verluste zu. Sie schossen von innen auf den Feind und ließen gleichzeitig die Sprengsätze draußen detonieren, was eine große Wirkung hatte.

Abzugsbefehl über Funk

Gegen 21 Uhr detonierte der zweite Sprengsatz gegen den Feind. Die anderen Sprengsätze waren vom Girê Sor aus nicht zu sehen. Die Guerillakämpfer leisteten bis zum Abend Widerstand, über das große Funkgerät wurden sie beharrlich zum Abzug aufgefordert. Alle drei Kämpfer:innen waren entschlossen und sagten, dass sie den Gipfel nicht verlassen wollen und kämpfen werden. Über Funk kam ständig der Abzugsbefehl. Erst am nächsten Tag gegen 20 Uhr konnten sie überzeugt werden. Der Feind hatte den Çarçela-Ausgang ohnehin noch nicht bemerkt. Erst kam Baz heraus und bewegte sich nach unten, dann kamen auch Özgür und Botan. Genau in diesem Moment wurden sie von einem Dorfschützer oder Soldaten bemerkt. Özgür rief Botan zu: „Heval, der Soldat hat uns gesehen.“ Botan antwortete, dass sie sich sofort nach unten bewegen sollen. Vermutlich war es ein Dorfschützer, der sie gesehen und aus Angst nichts gesagt hat. So kamen sie aus dem Gebiet heraus.

Unverletzt zurück am Girê Sor

Nachdem sie den Tunnel verlassen hatten, lag ein sehr schwieriger Weg vor ihnen. Sie mussten aus der feindlichen Umzingelung kommen und es war nicht einfach, mitten im Sommer ohne Wasser so lange zu laufen. Da sie nicht genau wussten, wie weit sich der Feind im Gelände verteilt hat, hielten sie an einer Stelle unterhalb des Feindes an. Sie hatten ein Funkgerät und nahmen Kontakt mit dem Girê Sor auf. Sie fragten nach, ob Soldaten dort sind. Die Frage wurde bejaht. Eigentlich war der Feind nur vierhundert Meter entfernt, aber er bemerkte sie nicht. Als sie das Bellen der Hunde und die Stimmen der Soldaten hörten, wechselten sie ihre Position. Dann gingen sie Richtung Gundê Herkî. Am 17. Juni erreichten sie nachts unversehrt den Girê Sor. Als sie ankamen, herrschte große Freude. Es war wirklich etwas Besonderes, dass sie unverletzt aus der kleinen Höhle am Süleyman-Gipfel durch die chemischen Gase und die feindlichen Reihen gekommen waren.

Warten auf den Feind

Ihre Erlebnisse dort in dieser kurzen Zeit waren eine Erfahrung. Sie hatten die Art und Weise begriffen, mit der der Feind vorging. Botan soll in diesen Tagen ständig gesagt haben: „Wir müssen den Girê Sor unbedingt erreichen, die Freundinnen und Freunde brauchen uns, wir müssen ihnen Batterien bringen.“ Botan hatte eine Kriegsverletzung, aber seine Willensstärke gab allen große Kraft. Und Özgür sagte: „Ich habe die Bedeutung der Tunnel früher einfach nicht begriffen, aber nach dem Süleyman weiß ich, worum es geht.“ Jetzt beharrte sie selbst darauf, solche Stellungen anzulegen. Mit ihrer Rückkehr nahm sowohl die Erfahrung als auch die Anzahl am Girê Sor zu. An den Tunneleingängen wurden weitere Maßnahmen getroffen. Alle waren bereit und warteten auf die Ankunft des Feindes.