Unseren Kampf mit der Philosophie von „Jin Jiyan Azadî" verstärken

Als Reaktion auf die Festnahmen von TJA-Aktivistinnen in der Türkei erklären Frauen, dass keine Repression sie von ihrem Kampf abhalten kann. Sie rufen dazu auf, mit der Philosophie von „Jin Jiyan Azadî" verstärkt gegen Unterdrückung zu kämpfen.

Am Dienstagmorgen fanden im Rahmen von Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Ankara 57 Hausdurchsuchungen gegen Aktivistinnen und Politikerinnen der Frauenbewegung in Ankara, Mûş (tr. Muş), Mêrdîn (Mardin), İstanbul, Amed (Diyarbakir), Adana, Sêrt (Siirt), Wan (Van), Agirî (Ağrı), Izmir, Riha (Urfa), Mersin, Dîlok (Antep) und Şirnex (Şırnak) statt. 50 Frauen, darunter Mitglieder der Bewegung Freier Frauen (Tevgera Jinên Azad, TJA) und des Frauenrats der Demokratischen Partei der Völker (HDP), sollten festgenommen werden. Bisher kam es zu 16 Festnahmen. Die Ermittlungen wegen der „Leitung, Mitgliedschaft, Finanzierung oder Propaganda einer terroristischen Organisation“ stützen sich auf offene und geheime Zeugenaussagen, Behördenberichte und die Auswertung von bei früheren Hausdurchsuchungen beschlagnahmtem digitalem Material.

Zu den Festgenommenen gehören unter anderen die TJA-Aktivistinnen Figen Ekti, Mekiye Ormancı, Didar Çeşme, Zekiye Güler, Bedia Akkaya, Sultan Esen, Hatice Güngör, Figen Aras von der Frauenakademie in Amed, Pınar Ceylan und Yeliz Ayyıldız Kıyak in Istanbul, D.A. in Izmir, Merve Tekin Demirel in Mûş und Hazal Aras in Agirî. Am Mittwochmorgen wurde auch die TJA-Aktivistin Zeynep Boğa bei einer Hausdurchsuchung in Amed festgenommen.

Die in Amed Inhaftierten sollen in den Arrestzellen einer Polizeistation untergebracht sein. Gegen die Festnahmen und Ermittlungen, die unter Geheimhaltung gestellt wurden und über deren Verlauf nicht einmal die Anwält:innen der Festgenommenen informiert werden, wurde in vielen Städten mit Kundgebungen und Presseerklärungen protestiert. Eine der Provinzen, in denen Reaktionen auf die Verhaftungen laut wurden, ist Wan.

Wir lassen uns nicht durch Festnahmen und Verhaftungen einschüchtern

Zübeyde Özalp, Bezirksvorsitzende der HDP Ipekyolu (ku. Rêya Armûşê), betont: „Der Hauptgrund für die Verhaftungen ist die Angst vor Frauen. Frauen sollen durch Verhaftungen eingeschüchtert werden. Aber wir werden weder unseren Kampf gegen alle Arten von Gewalt noch unsere Suche nach Gerechtigkeit aufgeben. Wenn heute 50 Frauen festgenommen werden, werden sie am nächsten Tag durch Hunderte von Frauen ersetzt. Wir wollen das, was uns zusteht. Wir lassen uns nicht durch diesen Festnahmen und Verhaftungen einschüchtern.“

Alle Formen von Gewalt gegen Frauen sind politisch

Der patriarchale Staat setze seine Politik der Gewalt gegen Frauen seit fünftausend Jahren fort, erklärt Dilyar Çalışkan vom Bezirksvorstand der HDP Ipekyolu. Frauen leisteten aber auch seit Jahrhunderten Widerstand gegen diese männliche Mentalität. Die Politikerin wies auf die Gewalt hin, die der Staat gegen Frauen ausübt, und unterstreicht: „Aus diesem Grund ist jede Art von Gewalt gegen Frauen politisch. Frauen kämpfen gegen alle Formen dieser Politik. Der Staat ist sich bewusst, dass die Freiheit Kurdistans durch den Kampf der Frauen verwirklicht wird, und er versucht, diesen Kampf zu verhindern. Der Zweck dieser Verhaftungen ist zu verhindern, dass der Krieg aufgedeckt wird. Tausende unserer Freund:innen sind gefangen, aber wir werden unseren Kampf niemals aufgeben, auch wenn noch Tausende von uns verhaftet werden. Selbst wenn sie unsere Körper in Stücke reißen, wir werden weiterkämpfen.“

Die Festgenommenen müssen unverzüglich freigelassen werden

Die Ko-Vorsitzende der HDP Ipekyolu, Canan Uzunay, betont, dass ihr Kampf seit Jahren durch Verhaftungen und Inhaftierungen zu verhindern versucht wird. Ihr Kampf sei dadurch aber noch stärker geworden. „Sie haben Angst vor dem Kampf der Frauen“, so Uzunay. „Dabei sind unsere Arbeiten und Aktionen offen zugänglich und werden gemeinsam mit der Bevölkerung durchgeführt. Nach jeder Verhaftung und Repressionsmaßnahme sind wir in unserer Arbeit entschlossener als zuvor. Wir wollen, dass unsere Freundinnen so schnell wie möglich freigelassen werden.“

Frauenwiderstand auf den Straßen mit der Philosophie von „Jin Jiyan Azadî"

Die Ko-Vorsitzende der Partei der Demokratischen Regionen (DBP) in der Provinz Wan, Şengül Polat, bezeichnet die Ermittlungen gegen Frauen als „politischen Genozid“. „Wir werden stärker gegen diese politischen Operationen agieren. Es wird auf allen Ebenen und in allen gesellschaftlichen Bereichen Frauen geben, die sich gegen diese frauenfeindliche Politik zur Wehr setzen. Die Machthaber wissen, dass ihre Herrschaft durch die Frauen zerstört werden wird, darum sind die Errungenschaften der Frauen ihr Hauptangriffsziel. Die Ermordung von Nagihan Akarsel ist ein Beispiel dafür, Arin Mirkan, die ihren Körper gegen den IS in die Luft sprengte, der Widerstand, der sich um die in Rojhilat ermordete Jina Amini formierte, und der Slogan ‚Jin Jiyan Azadî‘, der zu einer Lebensphilosophie wurde, die aussagt, dass Frauen auf jede Form von Unterdrückung mit Widerstand antworten werden. ‚Jin Jiyan Azadî‘ ist der deutlichste Hinweis darauf, dass dieses Jahrhundert das Jahrhundert der Frauen sein wird“, betont Polat.