Folter und Tod an der iranisch-türkischen Grenze

Immer wieder sterben Schutzsuchende beim Versuch, über die türkisch-iranische Grenze einen Schritt näher an Europa zu gelangen. NGOs berichten von Folter an Schutzsuchenden durch türkische Soldaten.

Auch im tiefsten Winter versuchen Schutzsuchende, unter ihnen viele aus Afghanistan, über die türkisch-iranische Grenze in die nordkurdische Provinz Wan zu gelangen. Immer wieder erfrieren Menschen auf dem Weg durch das Hochgebirge. Die AKP/MHP-Regierung nutzt sie als Druckmittel gegen Europa und lässt sich massive Grenzbefestigungen von der EU finanzieren, die um jeden Preis auf Abschottung setzt. Die Schutzsuchenden, welche die Mauern überwinden und in die Hände der türkischen Armee geraten, sind häufig schweren Menschenrechtsverletzungen bis hin zur Folter ausgesetzt.


Im Januar wurden drei von türkischen Truppen gefangen genommene Personen illegal über die iranische Grenze zurückgewiesen und sind auf der anderen Seite der Grenze erfroren. Schutzsuchende, die von Folter betroffen sind, haben sich an die Anwaltskammer von Wan gewandt.

Iran und die Türkei akzeptieren die Schutzsuchenden nicht“

Vergangene Woche war im Dorf Belasur in Iran eine Afghanin in der eisigen Kälte erfroren, als sie mit ihren beiden Kindern versucht hatte, die Grenze zu überqueren. Die Kinder trugen die Stümpfe der Mutter an den Händen, während die Mutter Plastiktüten um ihre nackten Füße gewickelt hatte. Berichten zufolge war die bisher unidentifizierte afghanische Frau von türkischen Soldaten festgenommen und an der iranischen Grenze ausgesetzt worden. Auch die iranischen Soldaten kümmerten sich nicht um sie und so erfror die Frau.

Schutzsuchende werden an der Grenze gefoltert“

Mahmut Kaçan aus dem Vorstand der Anwaltskammer Wan berichtet über die schweren Menschenrechtsverletzungen an der Grenze: „Die Migrant:innen werden, wenn sie aufgegriffen werden, an der iranischen Grenze ausgesetzt. Viele Flüchtlinge und Migrant:innen berichten, dass sie nach dem Überqueren der Grenze festgenommen, geschlagen, gefoltert, ihr Geld und ihre Wertsachen gestohlen und ihre Telefone zerstört wurden. Anschließend wurden sie ohne irgendein Verfahren an die Grenze zurückgebracht. Eine Person, die Dutzende Male die Grenze zu überqueren versucht hatte und deren Finger und Zehen gebrochen worden waren, wandte sich an uns. Es finden Zurückweisungen und Misshandlungen an der Grenze statt.“

Im Frühling werden wohl neue Leichen aus dem Schnee auftauchen“

Kaçan sagt, es gebe keinerlei Zugang zu Asyl in der Türkei. Er erklärt: „Die Menschen versuchen mit Hilfe von Schleppern, ohne registriert zu werden in die westlichen Provinzen der Türkei zu gelangen. Aber insbesondere in den Wintermonaten sterben sehr viele Menschen, die die Grenze zu überqueren versuchen, an der Kälte oder bei Angriffen wilder Tiere. Erst vor wenigen Tagen sind zwei Menschen, mutmaßlich aus Afghanistan, erfroren. Die Leichen von vielen Menschen, werden wir wohl erst im Frühling finden. Diese seit drei bis vier Jahren zunehmende Tragödie könnte nun ein noch schlimmeres Ausmaß annehmen.“