HDP hält fünften Parteitag ab

„Wir sind die Lösung, wir haben ein Versprechen zu halten“ – so lautet der Leitspruch des Parteitags der HDP, der trotz zunehmenden Drucks am Sonntag in der Hauptstadt Ankara stattfinden soll.

„Wir sind die Lösung, wir haben ein Versprechen zu halten“ – so in etwa lautet der Leitspruch des fünften Parteitags der HDP, zu dem die zweitgrößte Oppositionspartei im türkischen Parlament am Sonntag in der Hauptstadt Ankara trotz zunehmenden Drucks zusammenkommen will. Die Veranstaltung in der „Ankara Arena“ wird unter außergewöhnlichen politischen Bedingungen stattfinden: Eine globale Kapitalismuskrise, die erdrückende Inflation im Land, das drohende HDP-Verbot und andere Schauprozesse wie das „Kobanê-Verfahren“, eine nicht enden wollende Kriegstreiberei, permanente Übergriffe auf die Partei sowie der internationale Aufschwung des Klassenkampfes. Als Perspektive hat sich die HDP die „Lösung aller grundlegenden Probleme“ auf die Fahne geschrieben. Auf dem Parteitag sollen das Beharren auf der Idee einer Dachpartei für die demokratischen Bestrebungen in der Türkei sowie die Entschlossenheit für eine „Politik des dritten Weges“ in den Vordergrund treten.

Der Veranstaltungssaal bietet Platz für 10.400 Menschen. Die HDP erwartet weitaus mehr Parteimitglieder, die sich ab heute aus allen Regionen des Landes auf den Weg nach Ankara machen. Es wird mit massiver Repression und Behinderungsversuchen durch türkische Sicherheitskräfte gerechnet. Bei früheren Zusammenkünften hatte die Polizei unter anderem Reisebusse an der Ankunft gehindert und eine Reihe von Festnahmen vorgenommen. Die Zahl der Delegierten bei dem Parteitag wurde von der HDP mit 1.050 angegeben. Auf dem Programm steht die Wahl einer neuen Führung und der Mitglieder des Parteirats. Auch soll die Besetzung des zentralen Disziplinarrats und des Versöhnungsrats erneuert werden. Außerdem hat die HDP angekündigt, einen großen Beirat zu bilden, dem Intellektuelle, Kunstschaffende und Menschen aus der Politik von verschiedenen Kreisen angehören.

Unter den geladenen Gästen befinden sich zahlreiche Parteien und Organisationen, Initiativen, Privatpersonen und Delegationen aus dem Ausland. Neben den HDP-Komponenten und dem HDK (Demokratischer Kongress der Völker) beteiligen sich auch die Mitglieder des linken Siebener-Bündnisses, zu dem neben der HDP auch noch die EMEP, SMF, EHP, TIP und TÖP sowie die Initiative der „Volkshäuser“ (Halkevleri) gehören, die CHP, DEVA, Gelecek, Saadet, Tek Parti, die TKP, alle Parteien des „Kurdistan-Bündnisses“, die Samstagsmütter und Friedensmütter, Angehörige von Opfern staatlicher Tötungen und Anschlägen, die Familien inhaftierter Politikerinnen und Politiker sowie mehr als 400 Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Einrichtungen und Intellektuelle an dem Parteitag. Darüber hinaus werden mehr als 100 hochrangige politische Delegationen und Aktive aus Europa und dem Nahen Osten in Ankara erwartet.

Demokratische Partei der Völker

Die HDP wurde 2012 gegründet aus einem Verbund kleinerer linker türkischer und pro-kurdischer Parteien sowie Vertreter:innen verschiedener anderer Gruppierungen wie der LGBTIQ-Bewegung und der Ökologie-Bewegung. Das Ziel war, eine neue Partei ins Leben zu rufen, die neben der Partei für Frieden und Demokratie (kurz BDP, heute DBP), die vor allem im Südosten des Landes und damit Nordkurdistan ihre Basis hat und sich hauptsächlich für die Interessen der kurdischen Bevölkerung und eine Dezentralisierung der Türkei einsetzt - eine politische Heimat für Linke im Westen der Türkei werden und das Vakuum innerhalb der türkischen Opposition füllen kann. Die HDP versteht sich als Dachpartei aller Völker, unterdrückter Klassen, ethnischen, kulturellen, religiösen und geschlechtsspezifischen Gruppen. Sie stellt damit ein zuvor in der Türkei nicht dagewesenes politisches Zentrum dar – sowohl als Alternative gegen den rechten nationalistisch-sunnitisch-islamistischen Block der AKP als auch die kemalistisch-nationalistische Linie von MHP und CHP. Hervorgegangen ist die HDP aus dem HDK, dem Organisierungsgremium hunderter Gruppen und politischer Akteure, welche erstmals im Oktober 2011 zusammengekommen sind. Die Beschlüsse dieses Kongresses, wie die Prinzipien einer demokratischen Selbstverwaltung, die Geschlechterparität, die Vertretung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen, Basisdemokratie und Rätestrukturen als Organisationsform, sind für die Demokratische Partei der Völker bindend.